George "Großvater" Aberth's Memoir Original German HTML

Erinnerungen und Erlebnisse!

Will probieren meine Herkunft Erinnerungen und Erlebnisse aufzuschreiben, soviel ich denke dass es von Bedeutung ist und ich mich noch daran erinnere. Vielleicht interessiert es einmal später einen order den anderen meiner Nachkommen; denn ich wäre auch froh gewesen, wenn ich mehr von meiner Vorfahren hätte erfahren können, als es mir möglich war.

Geboren zu Steinselz, einem Bauerndorf, bei Weissenburg im Elsass, am 26ten April 1857, als Sohn von Michel Aberth und Julianna geb. Treger und erhielt den Namen George, wie auch meine beiden Grossväter hiessen, die ich aber leider nicht mehr gekannt habe, da sie beide schon tod waren. Nur der Grossmutter, väterlicherseits, eine geb. Anna Maria Wolff, kann ich mich noch erinnern, wie ich ihr als fortgesprungen bin wenn sie mir das Gesicht waschen wollte.

Meine lieben Eltern, die sehr arm, aber ehrlich und arbeitsam waren, hatten grade die schlechten, nassen Hungerjahre von 1850 bis 1857 durchgemacht als ich geboren wurde und mit meiner Ankunft auf dieser Welt, wieder bessere Zeiten mitbrachte. Der Vater war auch in Steinselz geboren am 3ten Nov. 1817, auch ein Hungerjahr, weil im Jahr vorher der Hagel alles erschlagen hatte in dieser Gegend und man damals noch keine Eisenbahnen hatte um Lebensmittel von weit her zu bringen.

Mutter Stammte aus dem Nachbardörfchen Oberhofen, geb. am 4ten Nov. 1821. Wie schon vorhin erwähnt, sind die Grossväter früh gestorben und Vater hatte noch zwei Brüder und zwei Schwestern als Grossmutter Wittwe wurde.

Damals war auch schon Soldatenzwang; aber nicht jeder Bub brauchte Soldat zu werden, weil das Land sie nicht alle brauchte und so war jedes Jahr ein Loostag für die Militärpflichten bevor der Musterung und wer da eine hoher Nummer zog, der war frei. Auch ein Wittfrau Sohn war frei. Hatte nun ein reicher Bursche eine niedere Nummer gezogen und sollte Soldat werden, so konnte er sich von den frei gewordenen einen kaufen und in seinen Platz stellen. Die Dienstzeit war sieben Jahre, das war ein congé. Des Vaters älterer Bruder, namens Martin, war, als Wittfrau Sohn nun frei, verkaufte sich aber und wurde Soldat; dadurch wurde Vater nun frei, verkaufte sich aber auch für 1100 Franken, um der Mutter auszuhelfen in ihren Armut. Der jüngere Bruder George der dann frei war, verkaufte sich ebenfalls.

Vater musste dann harte Zeiten durchmachen; denn als er ein Jahr in Frankreich einexerziert war, musste er mit seinem Regiment nach Afrika, wo die Franzosen Krieg führten mit den Marrockanern um sie zu unterwerfen und er vier Jahre lang viele Schlachten und Entbehrungen mitmachen musste. Wie konter er da, als später bei den langen Winterabenden den Leuten von seinen Strapatzen und Erlebnissen erzählen, dass sie als gar nicht satt davon wurden, und er kam Winters im ganzen Dorf herum da er Hausschlächter war und den Leuten ihre Schweine schlachtete und die Würste machte.

Weil ich nur grad vom Soldatenleben erzähle, will ich doch noch mitteilen was ich weiss von einem alten Pensionnaire der in unserer Nähe wohnte und den ich gut gekannt habe. Er hiess Baal und hatte drei congé bei den französischen Kanonieren gedient, dass ist 21 Jahre lang. Dafür hat er nun jährlich 400 Franc Pension gezogen; dann hatte er noch den Stern anhängen, der ihm auch 300 Franc Jährlich eintrug. Dieses militärische Ehrenzeichen hatte er sich erworben als einmal Revolution war in Paris. Als sie zurückgeschlagen wurden da hatte er so viel Schnaps getrunken dass er sich nicht mit den Kameraden flüchten konnte und under die Kanone fiel und einschlief. Als dann später die Revolutionäre wieder zurückgeschlagen wurden und bei seiner Kanone durchkamen, da wurde er wieder wach durch den Lärm und sprang auf an siene Kanone und dafür bekam er nun den Stern weil er schon an der Kanone stand als seine Kameraden zurück kamen.

Dass er ein Held war, sahen wir dann später selber als im Jahr 1870, der Krieg zwischen Frankreich und Deutschland ausbrach und er, als alter Soldat, sich in einem Gebüsch verkroch und sich dort mit Brod, Schinken und Schnaps versah, als die Franzosen gleich die erste Schlacht verloren und es hies dass die Preussen alles umbrächten; denn wir wohnten grade da wo die erste Schlacht geschlagen wurde.

Damals gab es noch keine landwirtschaftliche Maschinen, erst von 1870 an kamen sie so allmählich in Gebrauch. Alles wurde früher von Hand gemacht, das Getreide, mit der Sichel geschnitten, da gab es als Kreuzweh und Winters mit dem Flegel gedroschen, wo man als um zwei Uhr früh schon musste aufstehen um seine 108 Garben zu viert, order neunzig zu dreien, fertig droschen und geputzt zu haben als Abends um vier Uhr.

Mit 16 Jahr alt musste ich auch schon dies mitmachen, den ganzen Winter über im Taglohn. Da hat es mir als geängstet morgens so früh bei der grossen Kälte. Die Wurzelfrüchte wurden von Hand gehackt und gehäufelt und das Heugras und Grummet mit der Sense gemäht u.s.w. Jedes Bäuerlein pflanzte sich auch damals noch sein Stück Feld mit Hanf, wovon der Same zu Oel und die Stengel zu Garn und Tuch verarbeitet wurden. Dies war aber eine langwieriche Arbeit.

Erstens musste schon ein gutes Stück Feld dazu vorbereitet werden; als der Hanf dann ausgewachsen und der Same zeitig wurde er ausgerauft, gedorrt und gedroschen; dann die Stengel auf einer Wiese ausgebreitet zum netzen um nach etlichen Wochen wieder getrocknet, heimgefahren und gebrochen zu werden am Knitschloch ausseit des Dorfes, wo er am Feuer noch gut ausgedorrt wurde um die Fasern besser von den Stengeln los zu bekommen. Dann kam er zur Mühle wo er mit einem Mühlstein, der darauf herumlief, weich gerieben wurde und jetzt erst kam er auf die Hegelbank, wo verschiedene Hecheln (Stahlkämme) grobe, feine und ganze feine angeschraubt waren um den Hanf durch zu ziehen. Da gab es dann Grobwerg, Feinwerg und zuletzt der Spinnhanf, was alles über Winter von den Frauen und Mädchen versponnen wurde.

Das war als eine Lust und ein Leben wenn die Mädchen Nachts mit ihren Spinnrädern in die Kunkelstube gingen, den feinen Hanf an den Kunkeln mit schönen farbichen Seidenbändern gebunden, in der Mädchen und den Buben ihre Häuser und wo sie sonst noch eingeladen wurden.

Da spannen die Mädchen, die Rädchen schnurrten rum,
und die Buben hinterm Ofen die guckten so dumm;
dann wurde gesungen, dann wurde gelacht,
und von den Buben manch Dummheit gemacht.
So geht schnell die Zeit um und alles geht gut,
bis dann der Nachtwächter, zehn Uhr huben tut.

Wenn dann der Hausvater ein Schnäps gen gebracht,
wird schnell, in der Stube, ein Spiel noch gemacht;
dann gehts auseinander, die Spinnstub ist aus,
und Buben und Mädchen, gehen wieder nach Haus.

Am Frühjahr wurde dann das Garn gebaucht, das heisst in Lauge gekocht, gewaschen un getrocknet, dann auf die Weberspulen gehaspelt und zum Weber gebracht. In vielen Häusern klapperte dann der Webstuhl und es hieß:

Schifflein, Schifflein, schnell hinüber;
tummle tummle tummle dich,
schnell ist dann die Müh vorüber,
und der Weber freut sich.
Will nicht schelten, will nicht fluchen,
wenn ich Fäden knöpfen muss;
Sondern still den Faden suchen,
fluchen mehrt ja den Verdruss!

Das Tuch wurde dann über Sommer noch tüchtig gebaucht und gebleicht um am nächsten Winter verbraucht zu werden, das grobe Wegtuch zu Kleiderstoff und das feine starke Hanftuch für Tischtücher, Betttücher, Hemden u. drgl.

Jetzt will ich aber auch noch aufschreiben wie man damals als noch gefuhrwerkt hat.

Damals hatte man noch beim Rindvieh das Doppeljoch im Gebrauch, ein Querholz [ZEICHNUNG] das zwei Stück Vieh über den kopf, hinter den Hörner, gelegt und mit langen Riemen, über Stirn und um die Hörner, festgebunden wurde, mit einem Loch in der Mitte wo die Wagen order Karren Deichsel hindurch kam. Das ware eine Thierquälerei im Sommer, wenn als the Mücken und Bremmen tobten und das arme Vieh sich gar nicht verteidigen konnte, als nur mit dem Kopf auf und ab jucken. Besonders noch wenn es an den zweirädrichen Karren mit der Feststehenden Deichsel gespannt war und ihn in gefährliche Schwingungen brachten für den der darauf stand in Heu und Getreideernte beim Heu und Garben aufladen. Bis 1870 waren dann die zweirädrichen Karren alle verschwunden un auch die Doppeljoche wurden von da an, eines um das andere zum alten Gerümpel geworfen.

Damals sah man auch noch viele ofenstehende Brunnen, nur mit einem drei Fuss hohen Steinernen Ranft umgeben, wo das Wasser mit einem Eimer an einem Hölzernen Hacken, oder an einem Seil, herauf geholt wurde, wo uns unsere Eltern immer davor warnten und Angst zu machen suchten, in dem sie uns sagten, es sei ein Hackenmann drin und wenn man hinunter gucke, so hole er einen mit seinem Hacken hinunter.

Nun wollen wir aber ein anderes Kapitel anfangen, das Altertum in Ruhe lassen und in jüngere Zeiten übergehen.

Eines meiner ersten Erlebnisse, das mir noch gut gedenkt, war die erste Hochzeit der ich beiwohnen durfte, da mich mein Vater mitnahm zu der Hochzeit von seinem cousin Martin Wolff. Wie war ich da so stolz mit meinem Sträuschen an der Kappe.

Auch habe ich es nie vergessen, wie mich meine Schwestern einmal an Schulmeisters Apfelbaum schickten um ihnen Aepfel zu holen die sie beim Spiel gebrauchten; denn wir wohnten grad neben dem Schulgarten und des Apfelbaumes beladene Aeste hingen herunter bis schier zum Boden. Kaum hatte ich aber da angefangen Aepfel los zu rupfen, so stand auch schon der alte Feldhüter Lorenz hinter mir, der sich ganz unbemerkt herangeschlichen hatte und mir nun den Hinteres gerbte dass ich noch lange Respekt vor him hatte.

Er war ein guter Feldhüter und alle jungen Buben fürchteten ihm. Wie gab es da manchmal eine Hetzjagd wenn als die Kirschen zeitig waren und so ein paar Buben sich auf die Gemeinde=Kirschbäume, vor dem Dorf draussen, geschlichen hatten und der alte Lorenz sie überraschte; da wurden nich mehr lange die Holzschuhe angezogen, wenn sie noch rechtzeitig über den Baum herunter kamen, sonder in die Hände genommen und wenn auch dazu keine Zeit mehr war, im Stiche gelassen und nichts wie los; denn wehe dem den er erwischte, der hatte nichts zu lachen.

Meine ersten Freiheitsjahre, bevor die Schulzeit anging, verlebte ich meistens in Gesellschaft eines gleichalterichen cousin, Jacob Aberth.

Oft muss ich noch denken, an die Kinderjahr,
Wie ich da so glücklich und sorglos als war;
Doch als nun die Zeit kam, wo es zur Schul ging,
Auch Kummer und Sorgen, mit lernen anfing.

Als ich noch ein Knirps war, kaum sechs Jahre alt,
Da musst ich zur Schule, und zwar mit Gewalt;
Ich schwellte am Graben ein Weiher mit Dreck,
Da holten die Schwestern, vom Spiele mich weg.

Komm Brüderchen, musst jetzt, zur Schule mitgehn;
Doch wollt ich der Schwestern Befehl nicht verstehn;
Das packten mich beide, auf jeder Seit ein,
Und schleppten mich stramplend, zur Schule hinein.

Der Lehrer der kam dann, zur Hilfe herbei,
Und setzt mich ind' Bank rein, zu meiner Abscheu,
Doch Kamm er, den Rücken von mir hat gewandt,
Ich auch schon, im Laufschritt, zur Thür raus verschwand.

Ich bin nun kein Kind mehr, die Jahre vergehn,
Das kann man an Kahlkopf, und Gang mir ansehn;
Doch träumend ich oftmals, mich fühle als Kind,
Mit Eltern und Schwestern, mich glücklich befind.

Das Elterlich Häuschen, im Hof der Birnbaum,
Das seh ich noch manchmal, so schön in dem Traum;
Auch Aepfel und Birnen, im Garten so schön,
und Zwetschen und Kirschen, die kann ich dort sehn.

Es brachte das Leben mir manchen Genuss,
Doch manchmal auch wieder, viel Leid und Verdruss.
So geht es im Leben, man Kommt und man geht;
Drum tu darnach sterben, was ewig besteht.

Ich ging lang zur Schule, war lang in der Lehr
Und sträub mich, und strample, von nun an nicht mehr;
Die Schule bald aus ist, ich geh nun gebückt,
Will fügen mich stille, wie Gott es mir schickt!

Die Schulzeit dauerte vom sechsten bis zum vierzehnten Lebensjahr. Wir hatten enen tüchtigen Schullehrer, den alten Vater Zittel, den ich in ehrendem Andenken behalte, obwohl er sehr streng war und auch mir manchmal den Hinteres traf. Wir lernten deutsch und französisch mit einander; denn das Elsass war ja ganz deutsch, obwohl wir zu Frankreich gehörten. Die Buben die Soldat wurden lernten dort erst französisch sprechen; denn zu meiner Zeit fing man an, in den Schulen französisch zu lernen.

Im Jahr 1870, als ich dreizehn Jahr alt war, brach dann der Krieg aus zwischen Frankreich und Deutschland. Wir Kinder waren gerade am Aehren lesen beim Schafbuschhof, an der Landstrasse, als die Franzosen angerückt kamen, anfangs August; denn die Ernte war sehr früh in diesem Jahr. Da sah ich zum ersten mal schwarze Menschen; denn das erste Regiment das angerückt kam, waren Turkos, schwarze Afrikaner.

Als sich dann die verschiedenen Truppenteile ausgebreitet hatten zum biwakiren, da gab es Leben und Durcheinanders in der Umgegend und in den Dörfern umher durch die Soldaten, de gleich Jagd machten auf die herumlaufenden Hühner und Gänse und mit nahmen was sie erwischen konnten. Auch in unserem Rebberg richteten sie Verwüstung an, indem sie, die damals noch mit Holz aufgemachte Reben, niederrissen und das Holz in ihr Lager schleppten um Feuer damit zu machen. Mein Vater prophezeite ihnen gleich, dass sie den Krieg verlieren; denn, sagte er, da ist keine Discipline und keine Ordnung, und so kam es auch.

Der General quartirte sich in unserem Dorfe, in der Wirtschaft zur Sonne, ein, und war nicht bereitet gleich den Krieg anzufangen, da er nur mit einer Armeedivision gekommen war; aber schon am nächsten morgen den 4ten August, schlich sich eine Abteilung der schwarzen Afrikaner, heimlich und ohne Commando, durch den Weissenburger Rebberg, über die Landesgrenze und griffen die dort postierten bayerischen Vorposten an, die sich aber zurückzogen. Der General, mit namen Douai, hatte sich gerade sein Frühstück bestellt, und die Infanteristen waren schon wieder auf der Hühner und Gänsejagd begriffen, als die Schieserei anfing. Alles horchte auf! Die Soldaten stellten ihre Hühnerjagd ein und rannten ins Lager zurück zu ihrem Truppenteil; der General schickte ein Ordonnanz aus um zu erfahren was los sei, die gleich wieder zurück kam mit der Meldung dass die Schlacht begonnen habe.

Da war es dem General nicht mehr ums frühstücken, er liess schnell sein Pferd satteln, das er zitternd bestieg um auf die Anhöhe zu seinen Soldaten zu eilen. Derweil hatte aber die Schieserei rasch zugenommen, denn eine Abteilung nach der anderen, mischte sich schnell in das überraschende Gefecht ein, und als der General Oben ankam, war die Schlacht schon in vollem Gang. Er war aber noch nicht weit über die Ebene Oben geritten, als ihn auch schon eine feindliche Kugel traf und tödete; denn die Bayern kam gar schnell angerückt und waren schon ganz in der Nähe.

In wenig Stunden waren nun die Franzosen auf voller Flucht, verfolgt von einer Bayerischen und von einer Preussischen Armee und die Turkos die so mutwillich und eigenmächtig den Streit angefangen hatten, liefen nun am schnellsten davon. Abends vorher sahen wir sie noch um ihr Lagerfeuer herumtanzen, in der frohen Meinung dass sie den Deutschen nur brauchten so nach zu jagen bis nach Berlin, wie wenn man auf der Hasenjagd wäre. Die ganze französische Armee war verlottert, Zucht und Disciplinlos und so ging ihnen denn auch eine Schlacht nach der anderen verloren, obwohl sie modernerere Geschütze hatten als die Deutschen.

Dies wear nun die erste Schlacht von Weissenburg-Geisberg am 4ten August 1870. und am 6ten August folgte schon die zweite von Wörth-Fröschweiler, wo der stolze General Mac-Mahon, den Deutschen, mit einer ganzen französischen Armee gegenüber stand, und wo es nun auch hartnäckiger und noch grausamer zuging als bei Weissenburg. Aber trotz wütenden Widderstand ging die Schlacht den Franzosen doch wieder verloren. Wer solches einmal gesehen hat, der hat keine Lust es noch einmal zu erleben. Wie grausam, wenn Menschen die doch alle Brüder sein sollen und ihr Leben lang sich nie was zu Leid getan haben, einander so wütend gegenüber stehn, zumal wenn es zum Handgemenge kommt wie dort bei Fröschweiler, wo die Bayern und die Türkos, mit den Bayonnetten, Aug in Auge, lange mit einander kämpften und sich gegenseitig abschlachteten. (Schrecklich, grausam, unmenschlich!!!)

So ging den Franzosen eine Schlacht um die andere verloren, bis die Deutschen in Paris waren und der französische Kaiser Napoleon in Deutschland, als Gefangener. Das Herz tut mir heute noch weh, wenn ich an die armen Verwundeten denke, die ich auf den Verbandplätzen jammern hörte und sah wie sie zugerichtet waren und die Verwüstung sah auf dem Schlachtfeld, wo die Bürger des Dorfes mussten helfen die Toden begraben, die in ihrem schwarz gewordenem Blut, und von der grossen Hitze aufgetriebenen Leiber umher lagen und nun in dasselbe Grab gelegt wurden Deutsche und Franzosen zusammen.

Nun will ich noch etwas aufschreiben , woran ich aber nicht gern erinnere, das mit dem Krieg 1870 im Zusammenhang werden sollte, aber durch Gottes gnädige Fügung nicht zur Ausführung kam, sondern vereitelt wurde; nämlich, wie sich die Katholicken vorgenommen hatten, alle Protestanten und Juden niederzumetzlen wie sie es früher schon einmal in Frankreich ausgeführt hatten.

Jederman weiss ja von der schrecklichen Bluthochzeit, wo 30,000 Protestanten in der Bartholomeus Nacht, hinterlistig und grausam hingemordet wurden und der Pabst daraufhin Freude und Dankgottesdienste anordnen liess. Die Kaiserin Eugénie, Napoleons Gattin, war nämlich eine intime Freundin der Jesuiten und Bischöfen und im Einverständniss mit ihnen, die Protestanten aus Frankreich zu vertilgen sobald der Krieg gewonnen sei, woran ja gar nicht zu zweifeln war. Aber es kam ganz anders; dann meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und meine Wege sind nicht eure Wege, spricht der Herr!

In unserem Dorf wohnten damals nur sechs order sieben katholische Familien, lauter arme fanatisch verdummte Leute, die hatten schon im voraus die schönsten Häuser des Dorfes, sowie auch die Güter unter sich geteilt und freuten sich auf den Tag wo es dann losgehen sollte. Dazu hatte sich am Tag vor der Schlachte, eine Abteilung Turkos um unsere Kirche herum gelagert und sobald die Schlacht gewonnen, wollten unsere Katholicken sich alle des Nachts in der Kirche versammeln und die Trürkos sollten dann von Haus zu Haus einbrechen und umbringen was sie vorfänden. Wir kamen als Kinder, mein cousin mit mir, öfters in die Werkstatt eines katholischen Drechslers, weil wir under den Abfällen dort, noch Spielzeuch für uns herausfanden und wie oft hat der uns als das Messer and den Hals oder auf die Brust gesetzt und so recht mit Mordgier hinzugefügt: Soll ich dir das Hälsel durchschneiden order, soll ich dich metzlen, du Hetzer! Das waren Angstvolle Tage für uns; als dann aber die Franzosen sich flüchten mussten, da meinten sie, jetzt ginge es an sie und desshalb versteckte sich auch der alte Pensionnaire so, von dem ich im anfang meines Schreibens schon gemeldet habe, weil er auch Katholisch war.

Am Palmsonntag des Jahres 1871 wurde ich mit gleichaltrichen Knaben und Mädchen aus Steinselz, Oberhofen und Rott, in der Kirche zu Steinselz konfirmirt, durch unseren Ehrwürdichen Pastor Camille Tournier. Ich habe dies feierliche Handlung mein Lebenlang nicht vergessen, und wie ich die erste Frage: "Was ist dein einzigen Trost im Leben und im Sterben"2 zu beantworten hatte; denn ich war der Jüngste der Konfirmanden, neun Knaben und sechs Mädchen. Wir waren dem Alter nach aufgestellt. Auch meinen Geleitspruch habe ich noch nicht vergessen; er steht Psalm 34, im ersten Vers: "Ich will den Herrn loben allezeit; sein Lob soll immerdar in meinem Munde sein!" Was ich aber nicht immer getan habe.

Mein Lehrer wollte nun durchaus haben dass ich weiter lernen sollte mit einem Kameraden, einem Neffen des Lehrers, Friedrich Stephan, aus der Dorfmühle; ich wollte aber nicht, denn ich hatte keine Freud am lernen, nahm mir aber immer vor, einmal Soldat und dann Gendarm zu werden. Ich meinte wunder wie schön es doch die Soldaten hätten und ahnte nicht we man da exerzieren, putzen und flicken muss; und wenn man am Abend noch so drekich, nass und zerrissen, vom Dienst heim kommt, am anderen morgen doch wieder alles glänzen un ganz sein muss. Dazu noch bei der Cvalerie, wo Zaum und Sattelzeuch noch zu putzen ist, und die Pferde selber, wie müssen die jeden Tag zweimal fein geputzt sein, die Hüfe gewaschen und geschmiert mit Fett, die Augen und sogar das Arschloch noch abgewaschen.

So bliebe ich denn daheim bei den Eltern bis ich achtzehn Jahr und fünf Monate alt war, wo ich am ersten Oktober 1875 zum Militär einrück musste, dahin ich mich als dreijährich freiwillicher hatte anwerben lassen. Und genoss nun in Strassburg, während zweier Jahre, das schöne Soldatenleben, mit noch zwei Kameraden, die auch mit mir eingetreten waren; der eine Peter Theilmann, aus Steinselz, und der andere Fritz Eifried, aus Rott. Diese beide leben schon lange nicht mehr, sind beide jung gestorben.

Oft schon habe ich daran gedacht, wie ich die erste Nacht verbracht.
Auf dem Lager ausgestreckt, mit einem Teppich zugedeckt;
Unter mir ein Hand vol Stroh, solch Bett hatt' ich sonst nirgendwo.
Wie die Wanzen voller Wut, aussaugten mir das junge Blut;
Dass ich am Morgen, voller Knollen; die Augendeckel ganz verschwollen,
Aufstand, nach der ersten Nacht, die ich mit Wanzen Zugebracht.

Da vergeht einem der Mut, wenn es gleich so anfangen tut
Und wie wurde mir so bang, als dann zum ersten mal erklang
Der Trompete greller Ton, früh morgens, lang vor Tage schon,
Und wir schnell, dann mussten all, zum Pferdeputzen in den Stall;
Nachher gab's dann eine Kaffebrüh, wie ich vor hier geschmeckt hat nie
Dann ging es zum Dienste ran, So fing's Soldatenleben an.

Wär gleich gerne desertiert, hätt mich nur einer angeführt;
Doch wo wollte ich auch hin? Da gab es leider kein Entfliehn!
Bist jetzt da, musst mache mit, ob dir's gefällt, oder auch nit;
Geht es auch recht hart und schwer, du bist beim Mütterlein nicht mehr!
Musst halten aus, ob kalt order warm, sonst gibst du nie, ein rechter Gendarm!
Doch anders als ich gedacht, hat alles sich nachher gemacht.

Nach einem Jahr wurden unser beider Steinselzer Väter krank und sie liessen beide ein Bittgesuch machen und uns wieder heim zu bekommen, und weil wir das Zeugniss einer guten Führung bekamen, so wurde ach das Bittgesuch angenommen und wir kamen beide mit zwei Jahren los, anstatt der drei, und dazu noch, wurden wir als Reserve Unteroffiziere entlassen; denn wir waren schon mit einem Jahr Diest zum Gefreiten befördert worden.

Wem Gott ein treues Weib bescheert, das Tugend, Zucht und Glauben ehrt,
Der hat den Schönsten Schatz allhier, und kann sich freuen für und für;
Ihr Mann hat Rat und Trost von ihr, sie ist sein Herzenslust und Zier,
Ist seine Freundin und sein Hort, an ihn geknüpft mit Gottes Wort!

Als ich nun wieder im zweiten Jahr daheim war und mein 22tes Jahr zurückgelegt hatte, trat ich in den Ehestand mit Margaretha Salomea geb. Biegler, 20 Jahre alt, am 17ten Juni 1879. Sie war die Tochter von Jacob Biegler und Dorothea geb. Schau und wohnte mit der Mutter allein, da der Vater schon vor etlichen Jahren gestorben war und der Bruder Martin, der sechs Jahre älter war wie sie, das Haus verlassen hatte. Er hatte durch sein leichtsinniges Leben, nach des Vaters Tod, und einem langwierichen Prozess, alles verschuldet und liess nun alles im Stich, verheiratete sich und zog mit seiner Frau nach Paris, wo er Lohnkutscher wurde. Die Güter hatten sie mit einander geteilt und Haus, Hof, Vieh, Ackerbaugerät und Hausgerät übernahmen wir für die vorhandenen Schulden.

Die Mutter hatte noch Schwester und Bruder, die beide taubstumm waren, im Haus nebenan wohnen und noch zwei Schwestern im Dorf mit Familien. Die beiden Taubstummen ware die ältesten der fünf Geschwister und hausten mit einander. Der Bruder Martin Schau, der älteste, war bereits 68 Jahre alt als wir heiratheten und die Schwester Margaretha war zwei Jahre jünger. Die Eltern hatten dein beiden, neben ihrem Theil Güter noch das Wohnhaus mit Hofgerechtigkeit dazu, verschrieben, um sie vor Uebervorteilung seitens der Geschwister zu Schützen; denn sie sahen wohl schon zum voraus wie die Geschwister mit ihnen verfahren würden nach ihrem, der Eltern, Tod.

Weil nun die beiden im Dorf wohnenden Schwestern und ihre Familien, nicht die Bevormundung über sie erhalten konnten, so stahlen sie ihnen was und wo sie nun konnten. Das machte aber die beiden taubstummen sehr böse und feindselig und sie liessen die Schwester neben ihnen und Kinder als ihre Erben einführen, was diese auch annahmen und nun zu den langwierichen Prozess, wie vorhin schon gemeldet, den Anlass gab denn die zwei anderen Schwestern stellten Klage dagegen. Nach langem Verhandeln vor Gericht endete endlich der Prozess, mit vielen Unkosten, das die zwei taubstummen mit ihrem Eigentum schalten und walten können nach belieben, so lange sie leben; dass aber nach des letzten Tod, das ganze Vermögen muss gleichmässich verteilt, an sämtliche Erben der Familie, werden.

Man durfte aber den beiden nicht zu wissen tun dass die anderen auch einmal Anteil von ihrem Nachlass haben würden und sie haben es auch nie erfahren und meinten ganz zuversichtlich dass wir nun alles von ihnen behalten dürften. So arbeiteten wir nun alle unsere Feldarbeit gemeinsam mit einander und kamen allzeit gut mit einander zurecht. Bis jetzt hatten die beiden, Onkel und Tante, wie ich sie von jetzt ab nennen will, ihren Ackerban selbständich mit einander betrieben, hatten immer zwei Kühe und zwei order drei Stück Jungvieh dabei, züchteten jedes Jahr ihre zwei Schlachtschweine, hielten Hühner und Gänse und Hund und Katze. Von den Kühen hatten sie ihre Milch und benützten sie als Zugvieh. Der Onkel konnte verschiedene Laute ausstossen, das seine Kühe beim fahren und ackeren ganz gut verstanden und ihm gehorchten.

Jedes Jahre pflanzte der Onkel auch ein Stück Feld mit Hanf an und verarbeitete ihn selber bis zum Tuch. Er hatte seinen Hanfbrecher, Dulfe genannt, seine eigene Hechelbank um den Hanf zu hecheln und seinen Webstuhl, darauf er das Tuch verfertigte, wenn die Schwester den Hanf und das Werg über Winter, gesponnen hatte. Sogar machte er noch selber seine eigenen Kleider von dem Wergenen Tuch, das er zwar blau färben liess. Damals wusste man noch nicht viel von dm Baumwolltuch und dem farbichen Hemdenstoff. Erst als dieses aufkam, lies der Hanfbau allmählich ganz nach und die Webstühle verschwanden aus den Häusern.

Eine neue Zeit brach an. Das alte ist vergangen, siehe es ist alles neu geworden. So auch bein uns, indem wir in den Ehestand eintraten.

Psalm 128.
"Wohl dem, der fürchtet Gott den Herrn, und geht auf seinen Wegen gern;
Der seine Arbeit fleissig tut, wohl solchem Mann, der hat es gut,
Denn wie ein Weinstock fruchtbar fein, wird dir dein treues Weib dann sein
Und in dem Haus, um deinen Tisch, wie Oelzweich, Kinder froh und frisch.
So wird gesegnet sein der Mann, der Gott dem Herrn vertrauen kann,
Wirst deine Kinder glücklich sehn, und darfst im Frieden einst Heim gehn!"

Es folgten nun etliche glückliche und gesegnete Jahre, wenn auch mit vieler Arbeit und mancherlei unerwünschter Zwischenfälle. Am 17ten März 1880, wurde uns der erste Sohn geboren, den wir George Martin nannten und am 31ten Mai 1881 folgte schon der zweite, names Fritz; dann kam Heinrich Jacob am 25ten April 1884, den ein Töchterlein, Maria Salomea folgte, am ersten September 1885. Dann kam Dorothe Julianna, am 30ten Juni 1888, und am ersten Nov. 1890 kam der Martin Michael an. Nun folgte noch ein Sohn, Louis Philippe am 15ten März 1892, und eine Tochter Carolin Magdalena am 12ten Dezember 1893.

Das war kein leichtes Kinderspiel; denn Sorg und Arbeit gabs da viel.

In dieser Zwischenzeit starb die taubstumme Tante Margaretha Schau im Alter von 75 Jahren und der Schwager, Mutters Bruder, in Paris, erst 36 Jahre alt. Im 1890 liessen wir unser Wohnhaus abreissen und wieder neu aufbauen, es war ungefähr so 150 Jahre alt und früher ein zweifamilien Haus. Später bauten wir noch neuen Rindviehstall, neue Schweineställe und neuen Holzschuppen.

Das waren harte Arbeitsvolle Tage für Mutter und für mich; denn neben der Feldarbeit und den Kindern, musste Mütterlein noch immer für die Handwerksleute kochen, Zimmerleute, Maurer, Schreiner und manchmal noch Taglöhner. Während ich alles Baumaterial herbei schaffen musste, wie Land, Kalk, Bausteine und Bauholz; denn dort und damals war nicht so bequem zu bauen wie hier in Amerika, da musste man die rauhen Steine im Steinbruch holen und die Baumstämme in den Waldungen, was die Maurer und die Zimmerleute dann erst zurecht machen mussten bevor sie es gebrauchten. Wie manchesmal hatte ich da schon einen Wagen voll herbeigeholt, morgen früh bevor die Handwerksleute kamen. Zum bauen bekam ich Geld gelehnt so viel ich nötig hatte zu 4% Zins jährlich; denn ich war bekannt, immer pünktlich und gewissenhaft zurück zu zahlen wo ich schuldig war.

Nun waren wir glücklich als wir ins neue Haus einziehen Konnten um darin zu wohnen und unsere schöne Stallungen dabei hatten, und ahnten nicht wie kurz dieses Glück sein sollte!

Drum lieb so lang du lieben kannst, o lieb so lang du lieben magst:
Die Stunde kommt, die Stunde kommt, wo du an Gräbern stehst un klagst!

Im April 1894 starb mein liebes Mütterlein, 72 Jahr und fast sech Monate alt und bald darauf auch meine jüngste Schwester, die etliche Jahre lang Lehrerin war, sich dann verheiratete und nach kurzem Ehestand, erst 35 Jahre alt, starb und dem Datten der Evangelist war, ein Löhnchen hinterliess.

Dann war es am sechsten Mai 1897, als wir morgens früh aufstanden unser Tagewerk u beginnen und ich wie gewöhnlich in den Stall ging das Vieh zu füttern und zu putzen und Mütterlein derweil das Frühstück zubereitete, als ich uas dem Stall zurückkam, sie mir klagte dass sie so schlecht fühle und nichts tun könne; da riet ich ihr sich wieder niederzulegen und wenn ich aus dem Feld zurück komme und es nicht besser sei, so rufe ich den Dockter. ich fuhr dann hinaus ein Stück mit Gerste zu sähen und als ich gegen Mittag wieder zurückkam und es nicht besser, sondern schlimmer war, da lies ich gleich den Dockter kommen, der sofort Lungenentzündung feststellte. Tags zuvor hatten wir noch so vergnügt und gesund ein Stück Rotrübsamen, mit allerlei Sorten Gemüse darein, mit einander gepflanzt, wo wir am Abend spät davon heim kamen und uns gesund zur Ruhe niederlegten. Nun wich ich nicht mehr von ihren Seite um sie pünktlich mit der verordneten Medizin zu versorgen, der Dockter kam jeden Tag; aber alles war vergeblich, am neunten Tag musste ich ihr, mit blutendem Herzen, die lieben treuen Augen zudrücken. Sie war grad 83 Jahre alt; am 14ten Mai Geburtstag und am 15ten Todestag. 1859-1897.

Als man sah dass keine Hoffnung mehr war und es bald zu Ende gehen könnte, da führte ich ihn unsere acht Kinder, im alter von 3½ bis 17 Jahren, nochmal an ihr Sterbebett um Abschied von einander zu nehmen. Das war eine harte, grausame Stunde für mich! Wenige Stunden nachher entschlief sie sanft und selig.

Mein Gott ich bitt, durch Christi Blut:
Machs auch mit meinem Ende gut!

Am liebsten wäre ich aber nun auch gleich mit gegangen! Mehrere junge starke Männer wurden in derselben Zeit, von dieser heimtückischen Krankheit dahingerafft, während alte, davon wieder genasen. Obwohl ich nun trostlos und niedergeschmettert war, so war mir doch dies noch eine Beruhigung, das Mütterlein nicht schwer zu leiden hatte. In den letzten Tagen noch, erklärte sie mir sogar, dass sie ganz gut fühle und aufstehn könnte wenn ich es ihr erlauben täte.

In dieser schweren Zeit hatte ich eine grosse Hilfe und Unterstützung an meinen beiden älteren Schwestern, dieselben die mich einst am ersten Schultag zur Schule geschleppt hatten und die mir nun treulich beistanden. Die älteste Schwester Catherine die Diakonissin war im Diakonissenhaus Strassburg, nahm von dort für eine Zeitlang Urlaub, und die zweit älteste, die Wittfrau war, aber ohne Kinder, die blieb ganz bei mir, sowie auch mein alter Vater. Diese beiden letzteren waren grad zwei Jahre lang bei dem Schwager gewesen, dem meine jüngste Schwester als Frau, gestorben war und hatten ihm ausgeholfen bis er sich jetzt wieder verheiratet hatte. Von meiner alten Schwiegermutter hatte ich keine Hilfe, se war ganz bei ihrem taubstummen Bruder im Nebenhaus, da er ja auch allein war seit die andere Schwester gestorben war. Alles andere heilten wir aber immer noch gemeinschaftlich.

Alles konnte mir aber meinen Heimwehschmerz nicht wegnehmen, der der besonders des Abends, wenn alles stille um mich her wurde, sich mit doppelter Gewalt einstellte und mich manchmal die ganze Nacht nicht einschlafen liess.

Es schläfet alles um mich her, ich sitze noch allein,
Mit wunden Herzen, traurich schwer, beim trüben Lampenschein.
Ich bin so müd, so matt mein Herz, von Heimweh und vor Gram.
Kein Mensch kann fühlen meinen Schmerz, der plötzlich auf mich kam.
Vor wenig Wochen, ach wie schön! War Mütterlein noch da;
Dann aber, wars gar schnell geschehn: das Schreckliche so nah.
An einem Morgen Mutter klagt: "Heut kann ich nich aufstehn!
Ich hab Zwar den Versuch Gemacht, Doch Kanns Unmöglich gehn!"
Der Dockter dann sein Möglichst tat, ich wich nicht mehre von ihr,
Doch langsam schon der Tod sich naht, mit grimmicher Begier.
Nun ruht sie sanft im Grabe schon, erlöst von aller Not,
Erwartet uns vor Gottes Thron: "Wär ich nur ach schon tod!"
So schlaf denn sanft, liebs Mütterlein! Gott segne deine Ruh!
Weil du nicht mehr darfst bei uns sein. "O meine Liebe du!"
Um mich versammelt, traurig stehn, acht Kinder, gross und klein:
Was soll denn nun mit euch geschehn, ihr lieben Kinderlein?!
Doch Gott, der Vater schläfet nicht, ist stets zur Hilf bereit;
Er weiss ja wohl was uns gebricht, und hilft zu rechten Zeit
Drum auf mein Herz, ermuntre dich, fass wieder frischen Mut!
Gott strafet wohl, doch väterlich, meint er es dennoch gut!

So musste ich mich denn in mein schweres Schicksal fügen, obwohl ich mir manchmal nicht zu rathen wusste, was und wie nun anfangen; denn meine älteste Schwester musste wieder ins Diakonissenheim zurück, als ihre Urlaubszeit abgelaufen war, und die andere Schwester war nicht besonders gesund und stark. So wie meine liebe Frau halt war, so trifft man nur wenige an. Im Feld arbeitete sie wie ein Mann und im Haus verfertigte sie die feinsten Näh, Häckel und Stickereiarbeiten. Haushalten und kochen war ihr eine Lust gewesen; denn alles ging ihr von Händen, immer guten Mutes und freundlich.

Ein Jahr nach der Mutter Tod, liess ich den drittältesten Sohn Henry, nachdem er konfirmiert war, nach Amerika ziehen. Freunde, die vor etlichen Jahren dahin ausgewandert waren und nun auf einer Farm, bei Creston Ohio wohnten, hatten mir geschrieben, ihnen zwei meiner Kinder zu schicken. Weil aber keines der anderen Lust dazu hatte, so ging er allein.

Das Herz blutete mir zwar als ich ihn so allein, noch so jung, musste in die weite Welt hinaus ziehen lassen und Abschied von ihm nahm; er aber zog frohen Mutes und singend seiner Wege. Fürsoglich hatte ich ihm seine Bestimmungs Adresse auf die Brust befestigt, damit ihm jederman zurechthelfen könne und so kam er auch glücklich und wohlerhalten dort an.

Anfangs Jahr 1899 starb nun auch der taubstumme Onkel, 88 Jahre alt und sein Haus Hof und Güter wurden nun versteigert und der Erlös davon, and die drei noch lebende Schwestern, gleichmässig geteilt. Das Haus mit Hof und Garten ersteigerte ich selber um keinen böser Nachbar zu bekommen.

Um diese Zeit herum bekam ich einen Brief aus Paris, von meiner Schwagers Frau, mit der Nachricht dass es ihr dort so schwer sei durchzukommen mit ihren drei Kindern, seit ihr Mann gestorben sei, und ob ich ihr nicht könnte eine Wohnung besorgen, hier bei uns im Dorm; da käme sie doch billicher durch asl in der Stadt und für die Kinder wäre es auch gesünder. Mein alter Vater riet mir aber gleich davon ab und meinte, da könnte ich einmal meinen schönen Dank dafür bekommen; denn er wusste gar wohl von was für einer zornichen bösen Familie diese Frau abstammte. Ich aber konnte nicht so hartherzig sein, denn es waren doch meiner lieben Frau ihres Bruders Kinder und ich antwortete ihm: Komme es nun wie es wolle ich lasse sie kommen; denn ich täte mir ein Gewissen daraus machen wenn die Kinder in Paris verderben täten So liess ich sie denn kommen und in das Haus wohnen, wo ich von Onkel Schau ersteigert hatte; die Scheune konnte ich ja doch benutzen, da sie keinen Ackerbau hatten Die Schwieger oder Grossmutter blieb bei ihnen wohnen.

"Es ist nicht gut Frieden halten auf diser Welt,
Wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt!
Doch noch schlimmer als ein bösen Nachbar, ist
eine böse Nachbarin voller Hass und List!"

Das musste ich in vollem Mase erfahren; denn grad mir gegenüber wohnte soch eine. Als ich mich nämlich nicht mit ihr abgab wie sie es wollte, da wurde sie wütend über mich un suchte mir zu schaden wo und wie sie nur konnte und mich zu verdächtigen wo sie damit ankam; so dass ich ihr zuletzt noch den Durchgang durch meinen Hof, den si fast täglich benützte, verbieten musste. Nun wendete sie ihre Freundschaft der Grossmutter und der Parisern zu, um ihre Lügen und ihre Schikanen dort anzubringen, was ihr auch vortrefflich gelang; denn die alte Frau wurde nun so wüst zu uns, dass mein alter Vater und meine Schwestern sich vor ihr fürchteten und ihr aus dem Wege gingen, wenn sie sie nur sahen herüber kommen in unser Haus. Bis jetzt hatte ich ihr nämlich das Haus offen gehalten, um sich holen zu können was sie wollte oder brauchte.

Einmal, an einem schönen Sonntag, baten mich meine Schwestern, sie nach einem ziemlich entfernten Nachbarsdorf zu fahren, um Besuche dort zu machen. Als ich da im Stall war und das Pferd zurecht machte kam sie auch wieder herüber und frug mich gleich was ich vor hätte, da sage ich es ihr dass meine Schwestern nach Hunspach wollten. Da fing sie an zu schimpfen über die Schwestern dass die nur spazieren fahren wollen und über den Vater weil ich den auch noch halten und füttern müsse sammt den Schwestern, dann kam sie an mich und beehrte mich mit allen nur möglichen Schimpfnamen und dass ich den alten Onkel vergiftet habe und dergleichen mehr. Ich gab ihr keine Antwort, denn ich wusste ja dass es nur das Werk der Nachbarin war; als ich aber genug gehört hatte, da nahm ich sie am Arm und führte sie bis an ihre Wohnung und sagte ihr, sie solle da hinein und mich in Ruhe lassen.

Darauf ging ich heim, zog mich um und spannte ein, um fort zu fahren. Denk sich aber einer unsere Ueberraschung, als wir vor ihren Hof kamen, stand sie fix und fertig da und gebot mir zu halten, sie wolle auch mit fahren. Meinen Schwestern entfuhr ein Ausruf des Schreckens, ich aber, anstatt zu halten, winkte meinem Pferd mit der Peitsche und liess sie stehen; nun hatte sie ja Zeit genug zum schimpfen und konnte zu der Nachbarin gehen um sich aufs neue belehren zu lassen. Wäre sie doch nur ein bischen antsändich gewesen, ich hätte sie ja ganz gerne mitfahren lassen.

Die Pariserin hielt sich aber noch recht freundlich, denn sie wollte mir das Haus abkaufen, das sie jetzt bewohnte und bettelte und schmeigelte täglich darum. Sie hatten Geld from Paris mitgebracht und wollten es nun für ein eigenes Heim anlege. Die Scheune könne ich ja weiterhin benutzen. Schliesslich gab ich nach und verkaufte es ihr wieder um den nämlichen Preis wie ich es gesteichert hatte. Als sie nun aber den Kaufbrief in Händen hatte, da änderte sich das Wetter und dass schon längst zusammen gesogene Gewitter, brach mit gewaltigen Sturm los.

Nun war ich nicht mehr der gute Onkel der ihnen alles besorgt hatte, sondern Mörder, Dieb, Spitzbube, Betrüger, liederlicher Hund u.s.w., wurde ich genannt. Ich wich ihr aber aus wo ich nur konnte und schwieg, denn ich sah ja, dass sie schon die Auszehrung am Hals hatte, sowie auch ihr zweitältester Sohn und Nachbarin hatte sie belehrt dass ich am taubstummen Onkel seinem Einkommens reich geworden wäre, wo doch ihnen, den Parisern, die hälfte gehört hätte, darob ich sie betrogen habe u.s.w.

Ja, das wäre halt ganz schön gewesen, wenn wir die Arbeit gemacht hätten und die alten Leute versorgt und verpflegt und bei ihnen gewacht währen ihrer Krankheit, wenn wir ihnen die hälfte des Einkommens jährlich zugeschickt hätten. Nun, die Nachbarin machte es aber fertig, dass sie dafür entschädigt wurden, indem die Grossmutter nahmen ihre ganze Erbschaft vom Bruder, die sie in barem Geld erhalten hatte, vergab und meinen Kindern nichts davon zukommen liess.

Während dieser letzten so aufgeregten Zeit, schaute meine älteste Schwester, ganz im stillen, sich wieder nach einer Lebensgefährtin für mich um; denn sie war weit und breit bekannt durch ihre Krankenpflege und sie wollte nicht haben dass ich meinen Haushalt und meinen Acker bau aufgeben sollte, wie ich geplant habe. Ich wollte suchen die drei jüngsten Kinder in eine Anstalt oder sonstige Pflege bringen und mir dan irgendwo Beschäftigung zu suchen. Der älteste Sohn war ja schon lange fort auf einer grossen Farm bei Mühlhausen im Elsass und der drittälteste in Amerika und für die anderen war auch schon gesorgt.

Es war aber keine angenehme Mission für die Schwester, eine Frau zu suchen einem Haus mit acht Kindern, ich hätte es mir nicht unternommen; denn wer wird in solch ein Haus wollen und solche Aufgabe übernehmen. Sie brachte es aber fertig und führte mir meine zweite Frau zu, mit der ich am vierten April 1899 getraut wurde, in der Kirche zu Steinselz, wo zwanzig Jahre zuvor, auch meine erste Trauung stattfand. Sie war us der Schweiz, Rosina Klossner mit Namen, geboren am eilften März 1868 zu Diemtigen im Canton Bern und jetzt ein und dreisig Jahre alt. Sie hatte mehrere Jahre gedient als Köchin bei einer reichen Familie in Gebweiler im Elsass, wo sie meine Schwester kennenlernte. Obwohl sie nun schon lange Jahre nicht mehr auf dem Land gearbeitet hatte, so lebte sie sich doch bald wieder gut ein und kam auch mit den Kindern gut zu weg.

Hatte sie doch ihre jetzige Stellung übernommen in Namen dess, der gesagt hat: "Wer ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt Mich auf!"

Wäre jetzt nur diese falsche Ränkevolle Nachbarin nicht gewesen; die trieb aber ihr boshaftes Spiel immer weiter. Sie ratschlagte nun gemeinschaftlich mit der Grossmutter und mit der Pariserin und suchte meine Kinder aufzustacheln gegen die neue Mutter wo sie nur Gelegenheit dazu fand. Die Grossmutter aber wurde so garstich mit meiner Frau und überhäufte sie mit Spott und mit Schimpfnamen, wo sie sie nur erblickte, dass es mir doch zu bunt wurde und ich zum Bürgermeister ging und ihm die Sache vortrug. Der schickte ihnen nun den Gendarm ins Haus und liess sie warnen, dass, sobald sie meine Frau noch einmal belästigen order schimpfen, so werden sie bestraft werden; das wirkte; denn von nun an liessen sie sie in Ruhe.

Meine beiden älteste Söhne waren nun schon bei den Soldaten; der älteste George bei den Ulanen in St. Johann und der zweite Fritz bei der Infanterie in Germersheim Pfalz.

Ich hatte nun noch eine quantität Stroh in der Scheune sitzen, die nun der Pariserin Eigentum war, und weil sie nun so boshaft war, dachte ich es sei besser es dort wegzuholen. Als ich nun hinüber kam waren die Frauen, mit noch zwei ihresgleichen in der Stube und rechtigten mit einander und der älteste Sohn der Pariserins war im Hof bei den Handwerksleuten die sie grad hatten um im Stall eine Reparatur zu machen, es waren ein Maurer und ein Zimmermann. Da sagte ich dem Bub, der 19 Jahr alt war, dass ich gern mein Stroh holen möchte, da ging er mit und machte mir das grosse Thor auf; da stund aber ein Wagen voll Weizen innendich und er meinte den müsse man heraus nehmen; ich aber sagte ihm das brauchen wir nicht, wir werfen das Stroh zur Hintertür hinaus in meiner Garten und so war es ihm auch recht.

Als wir aber anfangen wollten, stand schon die Grossmutter hintendran und sagte das Stroh gehöre ihr, und als mein Sohn Fritz, der gerade daheim war auf Urlaub, hinaufstiegen wollte um das Stroh herunter zu werfen, da packte sie ihm am Hosenbein und riss ihn zurück. Da half ich ihm aber wieder schnell hinauf und er fing an herunter zu werfen; als ich es aber hinaus werfen wollte, meine anderen Kinder standen draussen um es gleich wegzunehmen, da hängte sie sich on mich, un kreischte das Stroh gehöre ihr und dabei überhäufte sie mich mit den leiblichsten Kosenamen. Da nahm ich sie am Arm und führte sie hinaus und sagte ihr dass sie solle hinein ins Haus gehen und mich in Ruhe lassen, weil doch das Stroh sie gar nichts angehe.

Kaum aber hatte ich angefangen wider hinaus zu werfen, da hing sie mir auch schon wieder am Arm mit fortsetzung der Liebesnamen. Ich führte sie wieder hinaus, aber mit demselben Erfolg, nur dass sie sich diesmal mir auf den Rücken hängte und mir mit ihren Knochenharten Schuhen, in voller Wut, meine Beine bearbeitete. Jetzt hatte ich genug und ich schüttelte se ab, dass sie rückwärts in die Tenne fiel. Da fing sie aber auch gleich an zu jammern; ich meinte aber nicht dass sie sich weh getan hätte und stellte sie wieder aufrecht, sie liess sich aber wieder nieder und jammerte weiter, da kamen die anderen die sie ja geschickt hatten und holten sie weg.

Die Parisern kam dann mit einem grossen Stein in Händen auf mich los; ihr Bub, der Leon mit Name, der war aber verständicher wie sie, der nahm ihr den Stein weg und machte sie ins Haus zurück gehn. Was wird nun kommen? Wir schafften in aller Eile unser Stroh heim und warteten der Dinge die da kommen sollten.

Hätte ich ja solche Geschichten erwartet, so hätte ich ihnen doch lieber mein Stroh überlassen. Nun ging es aber über mich los, denn jetzt hatten sie einen guten Anhalts punkt für ihre Lügen; sie liefen zu ihren Freunden, den Schwestern der Grossmutter und ihren Familien, die mir immer waren Todfeinde gewesen und verkündigten überall wie ich die Grossmutter misshandelt habe. Dies liessen gleich den Dockter kommen, zeigten die grässliche Tat schnell bei der Staatsanwaltschaft an um mich gleich verhaften zu lassen und jubilierten mir ins Gesicht hinein, dass sie mich jetzt haben und ich ihren diesmal nicht wieder durchkomme. Sie hatten mich nämlich früher schon einmal verklagt, weil ich mit dem alten Onkel Bäume auf dessen Güter umgehauen hatte und als Bauholz verwendend habe. Sie waren aber vom Gericht abgewiesen, weil er mit seinem Eigentum schalten und walten könne nach belieben.

Diesmal komme ich aber dran, denn, sagten sie, da müsste ja kein Gott im Himmel mehr sein. Soust hatten sie ja nichts mit diesm Gott zu schaffen, aber diesmal musste er ihnen beistehn. Die Staatsanwaltschaft erkundigte sich aber zuerst bei dem Gemeindevorstand und da mir ein gutes Zeugniss ausgestellt wurde, nahmen sie die Klage nicht an, sondern wiesen sie ab, mit dem hinweis dass, wenn sie Klag und Mangel gegen mich hätten, sie es auf ihre eigenen Kosten tu müssten. Andernfalls wäre der Staat Kläger gewesen und sie wären als Zeugen aufgetreten; dann wehe mir!

In ihrem Hass und Wut strengten sie nun selber Klage gegen mich an und als es zu Hauptverhandlung kam, mussten auch Zeugen zugegen sein. Sie hatten den Maurer und den Zimmermann, die an jenem verhängnissvollen Tag zugegen waren und ich hatte meinen Sohn Fritz, der von den Soldaten weg herkommen musste. Die Kläger wurden nun zuerst verhört, dies waren das ganze Liebfrauen Comite, die Grossmutter, die Pariserin mit ihrer Schwester und meine Nachbarin die ja den ganzen Kader angestiftet hatte.

Als sie fertig waren kam die Reihe an mich und ich erzählte alles grad so wie es zugegangen war; dann wurden die Zeugen, einer um den anderen herein geholt zum Verhör und jeden davon erzählte das nämliche, wie die alte Frau gewütet und mich mit Schimpfnamen überhäuft habe und ich sie nur als in gutem, abzuweisen suchte. Un so wurde nun das Urteil gefällt. Ihre Forderungen wurden abgewiesen, ich kam nicht ins Gefängniss und die Grossmutter die etliche Wochen im Bette gelegen hatte von dem Fall und nun an der Krücken ging, die wurde nun schnell gesund und konnte die Krücken beiseite legen und die Gerichtskosten mussten wir miteinander bezahlen.

Von meiner Nachbarin will ich jetzt noch mitteilen, dass wir früher ganz gute Freunde mit einander waren, von Kindheit auf, und erst als ich sie abgewiesen hatte, während meiner Wittwerzeit, da fing ihr Hass an. Sie hatte doch ihren Mann, und der war immer ein guter Nachbar zu mir gewesen. Er war aber nicht gerade schön zu nennen, war kurz und dick, wesshalb er von vielen nur der Stumpe genannt wurde; dann war er noch sehr Pockennarbich im Gesicht, von einer früheren Krankheit her; aber stark und abgehärtet war er und konnte arbeiten wie es ihm nur wenige gleich machen konnten. Se waren arm zusammen gekommen und hatten nur ihr, im Dienst erspartes Geld zum anfangen Nach etilichen Jahren mit harter Arbeit kauften sie das Haus mir gegenüber und auch hin und wieder ein Stück Feld dazu.

Nun das wäre ja ganz schön und gut gewesen; als es ihnen aber so glückte, da ging es ihnen noch zu langsam um reich zu werden und sie griffen über die Grenze. So wurden sie einmal beobachtet wie sie beim Weizen wenden auf dem Feld, von Zeit zu Zeit, sich vom Nachbarstück ein Wisch herüber holten zu dem ihrichen. Auch beim Hopfenverkauf mussten sich die Leute als verwundern wie sie so viel zu verkaufen hatten von ihrem Feld.

Da kam einmal zufällich ein Mann, morgens früh vor Tag, übers Feld zo laufen, in der Hopfenernte, und sah den Nachbar in Bürgermeisters Hopfenstück, neben dem seinen, fleissig am Hopfen abschneiden. Der Mann der die Felder gut kannte, berichtete es dem Bürgermeister und der liess ihn mit sammt dem Zeugen aufs Gemeindeamt kommen und stellte ihn zur Rede. Er leugnete es aber hartnäckig und der Bürgermeister machte ihm auch weiter keine Schwierigkeiten mehr dawegen; aber es war schnell im ganzen Dorf herum.

Da wurde aber die Nachbarin wütend auf den Bürgermeister und griff ihn an wo sie nur zu ihm kam; denn er sagte noch aus, dass er schon oftmals gemeint habe, es seien Hopfen weniger wenn er als wieder kommen ist heim zu holen. Weil sie nun auch so ein böses Maul über meine Frau hatte, so dachte ich ihr mal einen Streich zu spielen ohne Worte und an einem Tag wo Hochzeit war und viele Leute kamen um den Hochzeitszug in die Kirche einziehen zu sehen, da hängte ich einen grossen Zweich voller Hopfen an einem Ast meines Baumes der über den Weg stand wo gerade die Leute durchmussten, auf. Als aber die Glocken anfingen zu läuten, wo dann die Leute zu springen kamen, da schickt sie ihren Bub heraus mit einer langen Stange dass er die Hopfen herunter schlug; denn sie wusste wohl dass die Leute alle ahnten was der Hopfenast dort zu bedeuten hatte.

Meine liebe Frau machte sich aber kein böse Blut wegen der Nachbarin ihren Verleumdungen, sondern heilt sich nur desto fester mir zur Seite, sie verpflegte meinen alten Vater wie wenn es ihr eigener wär und verhielt isch mit meiner Schwester, die auch bein us bleib, wie wenn es ihre leibliche Schwester wäre.

Im März 1901 starb mein leib Väterchen 83 Jahre und vier Monate alt. Wir betteten ihn neben dem Müterchen, das nun schon sieben Jahre dort ruhte, auf dem Friedhof ein. Nun ruhet wohl, ihr Todtenbeine, bis der Tag des Herrn erscheine! Ruhet sanft in eurer Gruft!

Im November 1902, nach einem schweren bitteren Tag, wo ich noch den Dockter holen musste, wurde uns unser Albert Jacob geboren, und im November 1904 unser Daniel. Dann im April 1906 unser Herman Gottfried.

Um diese Zeit herum starb auch die Grossmutter, die wir noch in ihrer letzten Krankheit besuchten und sie dann, mit uns versöhnt, in die Ewigkeit überging. Die Pariserin und ihr zweitältester Sohn waren vorher schon gestorben an der Schwindsucht.

Im Spätjahr 1906 ging unser Martin nach Amerika zum Henry, der sich jetzt verheiratet hatte und in Akron wohnte. Der Fritz war in Saarbrücken wo er sich dann auch verheiratete; der George war bei den Soldaten geblieben und die Salome war in Frankreich und Dörtel verheiratete sich dann auch. So vergingen ein paar Jahre unter Müh und Arbeit.

Da war es im Sommer 1912 als ich in der Heumachet, mittags bei grosser Hitze mit der Sense auf der Schulter und müde, vom mähen heim kam, da stand ein Fremder Mann in unserem Hof der mich freundlich grüsste und mir dann auch gleich mitteilte dass er aus Amerika komme und mir Grüsse über bringe von meinem Sohn Henry.